KURTI


 

KURTI DER WATTWURM UND SEINE FREUNDE
EIN KINDERBUCH FÜR ERWACHSENE

 


Dieses kleine Büchlein erzählt die Geschichte eines, an der Nordseeküste zum Wattwurm mutierten Tiroler Bergwurms. Gemeinsam mit seinen wasserresistenten Freunden, Paulinchen und Willy, erlebt er die wahnwitzigsten Geschichten und Abenteuer.  

Ich kann nur schreiben wenn ich wirklich Lust dazu verspüre und mein Kopf frei von unnötigen Balast ist.

Die ersten 30 Seiten sind recht flott in die Tastatur geflossen.  

Leider beschäftigt mich zur Zeit ein privates Ereignis, das meine Kreativität ziemlich ausbremst. Obwohl ich guter Dinge bin und hoffe, dass bald wieder die Normalform wiedergergestellt sein wird, beansprucht die Fertigstellung des Werks wohl doch noch ein bisschen Zeit. 

Ich verspreche allen, die ich bisher schon neugierig gemacht habe, dass sich das Warten wirklich lohnt.

So, als Goody gibt jetzt immerhin schon mal ein paar Bildchen der Hauptdarsteller, sowie als Aperitif, eine kurze Leseprobe, um den Appetit und die Vorfreude auf den Hauptgang zu stimulieren...

 

 

"Kurti der Wattwurm"

 

 "Paulinchen das Walmädchen"

 

"Willy die Krake"

 

Die wilden Abenteuer von

„Kurti der Wattwurm“

und seinen Freunden

Ein Kinderbuch für Erwachsene

Vorwort

Hinter der Idee ein Kinderbuch für Erwachsene zu schreiben verbirgt sich der Wunsch, meiner teilweise kindlich ausufernden Fantasie den nötigen Raum zu geben, in der ich sie frei von Restriktionen ausleben kann.

Vielleicht kann man es auch als Flucht aus einer immer chaotischer und egoistischer werdenden Welt bezeichnen.

Vielleicht möchte ich auch bloß für eine gewisse Zeit meiner Transidentität entkommen, deren Ausleben mir trotz fortgeschrittenen Alters gelegentlich immer noch Probleme bereitet.

Es kann aber auch sein, dass es das Resultat einer in meinen 30er Jahren beschlossenen Weigerung ist, mich mit fortschreitenden Alter, jeweils dem entsprechenden Alter gemäß zu verhalten und zu kleiden, so wie es die Gesellschaft von mir erwartet, sondern das genaue Gegenteil zu tun, nämlich aus dem Mainstream auszubrechen und nicht im unisex Stil in beiger Hose und Birkenstock Sandalen, sondern meinem Stil und Figur entsprechend, mit Bleistiftrock, Nylonstrümpfen und hochhackigen Pumps selbstbewußt durch die Stadt zu flanieren.

Vielleicht ist es aber auch bloß die Lust daran, höheren Blödsinn mit bunten, gemalten Bildchen zu verbinden. Einfach mit kindlichen Gemüt das zu schreiben und zu malen was mir Spaß macht und dabei keine Rücksicht auf irgendwelchen Genderwahn, Rassismus und Sexismus zu nehmen.                                                                      Den Begriff „Political Correctness“ zu ignorieren und in eine Kindheit abzutauchen, in der es diese ganzen überzogenen und sinnbefreiten Diskussionen über weibliche Ampelmännchen usw. nicht gab.                              

In der wir während meiner Jugendzeit in Holland, am Kanal vor unserem Haus, bewaffnet mit einer Bambusstange, einer Schnur und einem Haken geangelt haben, ein Lagerfeuer angezündet, unsere Beute gebraten haben, ohne dass umgehend ein Großaufgebot an Polizei samt Feuerwehr angerückt ist, weil sich ein mißgünstiger Anwohner beschwert und die ganze Stadt in Flammen hat aufgehen sehen.

Vielleicht möchte ich mich auch einfach nur von dem ganzen überflüssigen, meine Kreativität einschränkenden, mein wahres „ICH“ und meine Gefühlswelt beschneidenden Ballast befreien und so leben wie ich es für richtig halte und wie es meiner Seelenlage entspricht.

Verzeiht, dass mein Vorwort so wenig mit dem zu tun hat was ihr gleich sehen und lesen werdet.  

Oder hat es das doch…?

Egal, findet es selber raus und habt viel Spaß mit den folgenden Seiten.

Schnürt eure viel zu engen Korsetts auf, schmeißt alles über Bord was Euch daran hindert herzhaft zu Lachen, Spaß zu haben, fröhlich, ausgelassen und albern zu sein. 

Prolog

Nachdem ich im Vorwort einige Mutmaßungen zu meinen Motiven die zur Entstehung dieses Büchleins geführt haben angestellt habe, beschäftigen wir uns jetzt mit den Protagonisten dieser Geschichte und deren Vorgeschichte.

Anfangen möchte ich mit dem Namensgeber dieses Buches.

„Kurti der Wattwurm“ hat zweifelsohne einige - für jeden - sichtbare Besonderheiten zu bieten, die eine genauere Betrachtung verdienen. Beginnen wir also mit der Vorstellung seiner außergewöhnlichen Eltern. Um euch nicht zu sehr durcheinander zu bringen, möchte ich zuerst die Geschichte seines logischerweise artverwandten Vater „Seppi“ präsentieren.

„Seppi der Tiroler Bergwurm"

Bei „Kurtis“ Erzeuger handelt es sich um eine in Innsbrucker Zookreisen als schillernde Persönlichkeit bekannte, meist in der Unterwelt operierende Lokalgröße.

Bild zum Vergrößern bitte anklicken

„Seppi der Tiroler Bergwurm"

Nicht dass er für die weiteren Abenteuer von Belang wäre. Nein, dazu ist „Seppi“ viel zu bodenständig und auf Grund seiner Zugehörigkeit zu einer in der 16. Generation im Innsbrucker Zoo tätigen Bergwurmdynastie viel zu sehr mit seiner Heimat verbunden.                                                                                                                     

Als Pate dieses weitverzweigten Clans, der einen Großteil des Erdreichs des Innsbrucker Zoos bearbeitet und beherrscht, ist er viel zu sehr damit beschäftigt, über und unter der Erde nach dem Rechten zu sehen, als sich mit der großen weiten Welt zu beschäftigen.

Was nicht heißt, dass er keine genussvolle Freude dabei empfindet sich mit weiblichen Schönheiten aus anderen Erdteilen zu schmücken.                                                                                                                          

Ganz im Gegenteil, seine gedrungene Statur, seine Wendigkeit, die ausgeprägten Tiroler Wadln sowie die genetisch bedingte Kletterfreudigkeit des Bergwurms, lassen ihn jedes Mal aufs Neue jubilieren wenn er bisher übersehene sanfte Hügel entdeckt die es noch zu erobern und zu besteigen gilt.

Der oberirdische Teil seines Reiches hat in dieser Beziehung schon einiges zu bieten. Hübsche Elefantenmädchen, elfenhafte Gazellen, rustikale Warzenschweindamen und viele andere warten förmlich darauf von ihm entdeckt und erobert zu werden.

Tja, Seppi ist auch hier als Platzhirsch - ein Begriff aus dem Menschenreich der auf „Seppi“ optisch so gar nicht zutrifft - eine große Nummer!

Als sein absolutes Meisterwerk muss zweifelsohne die ohne Seilschaft, von der Schattenseite aus gelungene 4-tägige Solo-Besteigung der Tansanischen Zwerggiraffendame „Shari“ angesehen werden.

Im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung wurde ihm daraufhin, unter Abspielen der Österreichischen Nationalhymne der Name „King of Bergwurm“ verliehen!

Am Eingang des Innsbrucker Zoo lassen sich seitdem Scharen von chinesischen Touristen mit der Gedenktafel aus Tiroler Granit und der goldenen Inschrift:            

„Home of the King of Bergwurm“ fotografieren.

Als Beleg für die gelungene Expedition existieren einige Fotos die „Seppi“ stolz auf einem der Kopfhöcker „Sharis“ sitzend zeigen, wobei er emsig ein rot-weiß gestreiftes Hütchen schwenkt.

Sogar die im fernen Wien ansässige Boulevard Presse, in Form von Kurier und Kronen Zeitung veröffentlichten diese Fotos und berichteten über „Seppis“ waghalsige Expedition.

Beim Abstieg muss es entweder zu einer einvernehmlichen intimen Begegnung mit der attraktiven Giraffendame gekommen sein, oder „Seppi“ hat vor lauter Aufregung und Freude über die erfolgreiche Erstbesteigung schlicht den Überblick verloren und daraufhin den Weg verwechselt.

Jedenfalls gebar „Shari“ nach 12-monatiger Tragzeit Nachwuchs. Giraffen gebären in der Regel bloß ein Kind.                                                                                                                         

Somit fiel auch dieses Kindlein - eingewickelt in Stroh - aus ca. ein Meter Höhe auf den durch Seppis Clan aufgelockerten Boden des Innsbrucker Zoos und entpuppte sich dabei als ein seltsam gestalteter Wurm, ausgestattet mit einem giraffenartig langen Hals und der Statur eines Bergwurms sowie orange-gelber Hautfarbe.Die Aufregung der herbeigerufenen Tierpfleger und Mediziner war dann auch entsprechend groß, denn keiner konnte sich erklären auf welchem Weg dieser Wurm zustande gekommen sein könnte.

Allen entging, dass sich derweil zwei, von der Statur her ziemlich unterschiedliche Wesen verliebt in die Augen schauten und ihren Sprössling auf den Namen „Kurti“ tauften.

Wir kommen jetzt direkt und ohne Umwege zu „Kurtis“ exotischen Erzeugerin „Shari“....

„Shari die Tansanische Zwerggiraffen-Dame“
Nachdem „Kurtis“ schillernder und draufgängerischer Vater „Seppi“ bereits vorgestellt wurde, möchte ich euch jetzt auch die Mutter unseres selbsternannten Wattwurms präsentieren.
„Shari“, so heißt „Kurtis“ Mutter ist im Innsbrucker Zoo zur Welt gekommen. Hierbei kam es dummerweise zu Komplikationen die gravierende Folgen nach sich zogen.
„Shari“ war von Geburt an wesentlich kleiner, zierlicher und sensibler als ihre Artgenossen.                                                                Denen viel natürlich nichts Besseres ein, als die kleine „Shari“ zu hänseln und zu ärgern wo sie bloß konnten.                                      „Sharis“ Mutter war eine weise, schon etwas ältere, lebenserfahrene Giraffendame.      

Es entging ihr natürlich nicht wie die anderen Giraffenkinder mit ihrer einzigen Tochter umgingen.
Verzweifelt überlegte sie hin und her wie sie ihrem armen Kind helfen könnte.
Auf einmal kam es wie ein Blitz über sie:                                                                                                                                  

Sie musste „Shari“ - damit sie sich von den anderen Kindern abhob - als etwas Einmaliges und somit ganz Besonderes verkaufen.
Als eine Tansanische Zwerggiraffe!
Sie wusste allerdings nicht ob diese Rasse überhaupt existiert.                                                                                  

Das war auch egal, weil keine der anderen Giraffen im Innsbrucker Zoo, in freier Wildbahn geboren worden war, sondern alle waren waschechte Österreicher.                                    

Die Einheimischen sprachen sogar stolz von „ihren“ Tiroler Giraffen.
Tja, wenn es Tiroler Bergwürmer gibt, warum soll es nicht auch Tiroler Giraffen geben…?
Soweit so gut.                                                                                                                                    

Der Coup gelang und der ganze Zoo sprach auf einmal nur noch über die sehr seltenen „Tansanischen Zwerggiraffen“.                                                                                                                                

„Sharis“ Mutter war es überaus clever gelungen - unter Einbeziehung angeblich belegbarer genetischer Besonderheiten, eingepackt in einem Wortschwall voller erfundener Medizinischer Begriffe - alle Zweifel an der Existenz „Tansanischer Zwerggiraffen“ auszuräumen.
Aus der einst so schüchternen und zierlichen „Shari“ wurde innerhalb kurzer Zeit eine selbstbewusste, attraktive „Tansanische Zwerggiraffen“ Dame.                                                                                

Eine Besonderheit unterschied sie jedoch von ihren Artgenossinnen.                                             

Sie hatte ein Faible für kleinwüchsige Lebewesen!
Besonders angetan hatte es ihr in diesem Zusammenhang der schillernde Tiroler Bergwurm Gigolo „Seppi“.
Ausgestattet mit jeder Menge weiblicher List, war es ihr bisher immer wieder gelungen den gedrungenen, mit herzigen Tiroler Wadln ausgestatteten Wurmmacho auf Distanz zu halten.
Da sie gut mit den anderen Zoobewohnern vernetzt und bei ihnen außerdem sehr beliebt war, hatte man ihr zugetragen, dass sie den meistens in der Unterwelt operierenden „Seppi“ derart wild gemacht hatte, dass er sie unbedingt mittels einer Expedition erobern wollte.
Hierzu muss man folgendes wissen:                                                                                                                                            

Für Tiroler Bergwürmer ist alles das größer als eine Kastanie ist, ein Berg.                               

Aus ihrem Selbstverständnis heraus müssen Berge bestiegen werden und die gelungenen Besteigungen danach entsprechend gefeiert werden.
Hierbei wird nicht unterschieden ob sich der Berg bewegt oder nicht.                                                                         

Somit viel auch „Shari“ in die Kategorie Berg.
Diese werden in  5, sich bei beweglichen Bergen an der Rückenhöhe orientierenden Kategorien unterteilt.
Bei der Festlegung der Kategorien im Jahr 1886 hatten die damaligen Entscheider des für solche Verfahren zuständigen „1. Tiroler Bergwurm Alpenvereins“ Giraffen aus schlichter Unwissenheit nicht berücksichtigt.
Das führt auch heute noch zu krassen Fehleinschätzungen der Besteigdauer solcher Berge.                                                                                                                                           

Auf Grund ihrer Kleinwüchsigkeit wurde auch „Shari“ fälschlicherweise der Kategorie 3 zu geordnet.
Elefanten gehören der Kategorie 4 an.                                                                                           

Alles andere, was außerhalb des Zoos an richtigen Bergen zu sehen ist, gehört der höchsten Stufe, der Kategorie 5 an.
Ich erwähne diese Besonderheit aus der Bergwurmwelt damit man ein besseres Gefühl dafür bekommt, in welche Gefahr sich „Seppi“ begeben wollte um die Aufmerksamkeit eines ihn nicht beachtenden weiblichen Wesens zu erlangen.
„Seppi“ bereitete seine Expedition akribisch vor.                                                                               

Die Seile wurden überprüft, die Steigeisen kontrolliert, sogar auf eventuell aufkommende Schneestürme war er vorbereitet. Nichts sollte außer Acht gelassen, oder Übersehen werden.
Für ihn stand einiges auf dem Spiel.                                                                                                                                       

An erster Stelle, sein Name als Chef eines weitverzweigten Bergwurmclans. An zweiter Stelle, seine Ehre. Noch nie in seinem - zugegebenermaßen nicht sehr lang andauernden Leben als Wurm – hatte ihn eine Dame solange nicht beachtet und alle Signale seinerseits ignoriert.                                                                                                     

Erst an dritter Stelle folgte sein Leben. Da Würmer in der Regel nur 2 Jahre alt werden, ein eher überschaubarer Zeitraum.
Hieran kann man ablesen welchen Stellenwert die bevorstehende Unternehmung für ihn hatte.
Ein paar Tage später, in aller Herrgottsfrühe war es soweit.                                                  

„Seppi“ startete seine Solobesteigung von „Shari“. Die stand gerade am Futtertrog und bediente sich am üppigen Frühstücks-Buffet.                                                                                             

Sie bemerkte zwar in kurzen Abständen leichte Stiche am linken Hinterlauf, konnte sich darauf allerdings keinen Reim machen und beachtete daher die anhaltende aber nicht
unangenehme Piekserei nicht weiter, denn sie erzeugte mittlerweile ein in „Sharis“ Augen, äußerst angenehmes Kribbeln.
Die von „Shari“ als angenehm empfundenen und nicht weiter beachteten Piekser wurden durch die Steigeisen an „Seppi`s“ derben Bergschuhen und die Befestigung der Eisschrauben in ihrem Fell - an denen er sein Sicherungsseil befestigte - verursacht.
Was „Shari“ nicht wusste war, dass sich „Seppi“ bereits voller Tatendrang mitten im Aufstieg befand und schon die Stelle erreicht hatte, an der ihr linkes Bein in die wohlgerundete Wölbung ihres ausladenden Pos
überging.                                                                                    

In den folgenden Stunden überwand er auch diese Herausforderung.                                          

Somit stand er bereits am späten Nachmittag auf dem Giraffenrücken und genoss den herrlichen Ausblick der sich ihm bot.                                                                                        

„Seppi“ war noch nie in seinem bisherigen, ereignisreichen Bergwurmleben in solch eine große Höhe aufgestiegen.                                                                                                                                 

Die dünne Höhenluft bereitete ihm daher leichte Atemprobleme.                                              

Um sich zu akklimatisieren wollte er hier - auf der weiten, sanften, mit braunen Flecken verzierten Ebene - sein Biwak aufschlagen und übernachten.
Früh am nächsten Morgen, noch vor Sonnenaufgang futterte er um zu Kräften zu kommen, ein paar Brocken von dem als Proviant mitgenommenen Humus.                                

Danach machte er sich auf einen entspannten, halbstündigen Marsch über die Ebene von „Sharis“ Rücken, bis er eine in seinen Augen unüberwindbare Steilwand in Form des steil aufragenden Giraffenhalses erreichte.                                                                                                  

Ehrfürchtig stand er da, wobei er seinen Kopf dermaßen stark nach hinten neigte, dass er einen schmerzhaften Krampf im Genick bekam.                                                                         

Hervorgerufen durch diese Haltung, verließ sein rot-weiß gestreiftes Hütchen den Kopf und rollte flott dem Abgrund entgegen.                                                                                  

Nur durch einen beherzten Sprung konnte er seine geliebte Kopfbedeckung vor dem sicheren Untergang retten.                                                                                                          

Völlig außer Atem lag er auf dem Rücken und erblickte zwangsläufig erneut die ihm schier endlos erscheinende Steilwand.                                                                      

Mühselig und etwas deprimiert drehte er sich um und stand wieder auf seinen strammen Wadln.
„Shari“ konnte nicht sehen was in unmittelbarer Nähe ihres Halses vor sich ging, wurde daher unruhig und setzte sich gemächlich in Bewegung um zu einem ruhigeren Plätzchen zu gelangen und die Quälgeister loszuwerden.
„Seppi“ hielt sich dabei verzweifelt an seinem Seil fest, dass er glücklicherweise zuvor an ihrem Hals befestigt hatte.                                                                                           

Erschwerend kam hinzu, dass er durch den ungewohnt schaukelnden Gang Seekrank wurde und mit starker Übelkeit zu kämpfen hatte.
Nach drei Minuten war der Spuk vorbei und es kehrte Ruhe ein.
„Shari“ blieb im Schatten einer hohen Eiche stehen, was „Seppi“ zur dringend notwendigen Erholung von der Aufregung der letzten Minuten verhalf. Er sah für einen Bergwurm erschreckend blass aus, erholte sich allerdings schnell von den Strapazen.               

So war er bereits fünf Minuten später wieder emsig damit beschäftigt seine etwas in Unordnung geratene Ausrüstung zu ordnen und sich auf den finalen Aufstieg vorzubereiten.
„Shari“ hatte sich ebenfalls beruhigt, beobachtete aufmerksam ihre Umgebung und bekam von den Aktivitäten auf ihrem Rücken nich
ts mit.                                                                  

Diese waren bisher erstaunlicherweise weder den noch nicht sehr zahlreichen Zoobesuchern, noch den mit anderen Tätigkeiten beschäftigten Tierpflegern aufgefallen.
Nur die wuselige Bergwurmgemeinde wusste um die Vorkommnisse im Giraffengehege. Somit war jeder - nicht zur Kategorie Berg zählende - Erdhügel von mit Fern- und Operngläsern bewaffneten Bergwürmern besetzt.                                                                       

Diese geschäftige Unruhe wurde ebenfalls von keinem der Anwesenden zur Kenntnis genommen.
Es ist wie im richtigen Leben.                                                                                                   

Jeder ist dermaßen mit sich selber beschäftigt, dass alles andere zur Nebensache gerät oder schlicht ignoriert und verdrängt wird.
Diese Erscheinung unserer Zeit spielte „Seppi“ in geradezu idealer Weise in die Karten.
Der „Seppi“ war schon irgendwie eine extrem coole Sau, die sich durch nichts aus der Ruhe bringen ließ!
Jedenfalls mal nach außen.                                                                                                   

Innerlich vibrierte vor lauter Aufregung alles was nur vibrieren konnte und „Seppi“ hatte seine liebe Not mit der Befestigung der Steigeisen unter seinen Bergschuhen.                         

Mit der Zeit ließ die Aufregung jedoch etwas nach und er machte sich an den langen Aufstieg zum rechten Ohr von „Shari“.
Seppt durch ein Fernrohr an der Steilwand aufgenommen
Erstaunlicherweise gelang ihm dieser ohne weitere Vorkommnisse innerhalb kürzester Zeit.                                                                                                                                          

„Shari“ wunderte sich zwar etwas über das wohlige Kribbeln das gestern auf ihrem Rücken angefangen hatte und heute ihren Hals entlang bis zum rechten Ohr nach oben zog, dachte sich aber noch nichts dabei.                                                                                                                                          

Das wäre „Seppi“, der mittlerweile besagtes Ohr erreicht hatte, allerdings fast zum Verhängnis geworden.                                                                                                                                          

Denn für „Shari“ war aus dem Kribbeln, ein Kitzeln geworden, was wiederum zu unkontrollierten Reflexen ihres Ohres führte. Diese äußerten sich in einem wilden Flattern und Drehen der Ohrmuschel was dazu führte, dass dem zum Glück mit einem Seil gesicherten, auf dem Ohr stehenden „Seppi“ voller Schwung eine zweimalige 360 Grad Umrundung des Giraffenohres gelang und er wie durch ein Wunder wieder auf selbigen etwas wacklig zum Stehen kam.                                                                                                                           

Der Schock über das erlebte saß so tief, dass er den unsicheren Ort in Windeseile und voller Panik verließ.                                                                                                                    

Das Ganze Abenteuer wurde für unseren Bergwurm langsam ausgesprochen strapaziös und nervenaufreibend.                                                    Er brauchte dringend ein Päuschen, das er sich auch umgehend gönnte.                                   

So ließ er sich gemütlich auf „Sharis“ Kopf nieder, wobei seine kurzen Beinchen entspannt an ihrer Stirn entlang baumelten.
Für „Shari“ hatte das Kribbeln und Kitzeln am Hals aufgehört, dafür spürte sie jetzt allerdings ein rhythmisches, nerviges Klopfen
an ihrer Stirn.                                                                                

So sehr sie auch ihre Augen nach oben verdrehte, sie konnte nichts sehen oder entdecken was diese neue Empfindung erklärt hätte.                                                                                                  

Kurz bevor sie mit ihren Kopf zu einem wilden Schwenk ausholen wollte, hörte das Generve auf.
„Seppi“ hatte wieder einmal - sprichwörtlich - tierisches Glück gehabt, denn wenn „Shari“ ihr Vorhaben in die Tat umgesetzt hätte, wären wir alle Zeugen des ersten und wahrscheinlich auch letzten Katapultstarts eines Tiroler Bergwurms geworden.
So gesehen – Glück gehabt!
Mittlerweile war im ganzen Zoo eine ziemliche Hektik aufgekommen.                                           

Alle liefen voller Eile und Aufregung in Richtung Giraffengehege.                                      

Tierpfleger mit ihren Gerätschaften, Mütter ihre lautstark protestierenden Sprösslinge hinter sich herziehend, Männer mit großen Fotokameras um die Hälse gehängt, andere mit schweren Filmkameras unter den Armen keuchten ebenfalls in die gleiche Richtung.                                                                                                                        

Die Trachtenkapelle „Edelweiß“ begleitet von alpenländischer Musik und passenden Tanzeinlagen war auch bereits im Anmarsch.                                                             

Hubschrauber mit neugierigen Journalisten und Fotografen kreisten über dem Innsbrucker Zoo.                                                                                                                            

Es war der helle Wahn der auf einmal losgebrochen war.                                                            

Väter droschen aufeinander ein um die Plätze mit der besten Sicht zu ergattern.                                                                           

Es herrschten fast anarchische Zustände.
Der Zoodirektor, „Friedewald von Rüssel“ wusste – bis ihn jemand auf die halsbrecherischen Vorführungen am Hals von „Shari“ aufmerksam machte – überhaupt nicht, wem und was er die riesige Aufmerksamkeit für seinen Zoo und den damit verbundenen Aufruhr zu verdanken hatte.                                                                       

Ausgestattet mit einem alten Feldstecher - aus Beständen des Österreichischen Bundesheeres, dem er früher einmal als Präsenzdiener zur Verfügung gestanden hatte – wurde er Zeuge wie sich „Seppi“  gerade daran machte, die letzten Zentimeter der von ihm so verehrten und begehrten Giraffendame „Shari“ zu besteigen, nämlich eines ihrer zapfenartigen Hörner.                                                                                                             

Nachdem er dieses geschafft hatte, setzte er sich hin und fing an, der mittlerweile auf einige tausend Personen angewachsenen, ihm ekstatisch zujubelnden Schar der Neugierigen aufgeregt mit seinem rot-weiß gestreiften Hütchen zuzuwinken und dabei mit einer kräftigen Stimme, wie sie nur ein Tiroler Bergwurm hat, die vom bekannten Kapellmeister Rainhard Fendrich komponierte Österreichische Nationalhymne „I am from Austria“ zu singen.

Seppi in wilder Euphorie die Nationalhymne singend
Das ergriffene und begeisterte Publikum schwenkte dabei entzückt und entrückt die angezündeten Feuerzeuge.                                                                                                        

Alle hatten sich wieder lieb!
Die einzige die sich wegen des Trubels sehr überrascht und ahnungslos zeigte, war „Shari“ die nach wie vor nicht wusste was eigentlich los war und warum ausgerechnet sie zum begehrten Objekt der Fotografen geworden war.
Da sie eine attraktive und selbstbewusste Dame war, fing sie an für die Kameras verführerische Posen einzunehmen was ihr - wie sie meinte - extra Beifall einbrachte. Der war jedoch für die halsbrecherischen Aktionen von „Seppi“ gedacht, der hervorgerufen durch „Sharis“ Positionswechsel, alle Hände voll zu tun hatte um sich irgendwie auf seinem Hochsitz festzuklammern.
Erst ihre Mutter klärte sie über den ganzen Rummel auf, worauf sich „Shari“ erstmal enttäuscht und traurig zurückzog.                                                                                            

Dadurch wurde dem Publikum ziemlich abrupt der Hauptdarsteller bzw. Held entzogen und die ganze Versammlung löste sich innerhalb  kurzer Zeit friedlich auf und alle gingen ihrer Wege.                                                                                                                           

Die einen in die nächste Kneipe, wo sie sich die Ereignisse des Tages noch einmal im TV anschauten, andere gingen in Grüppchen nach Hause und feierten dort weiter, denn der Anlass war durchaus historisch.                                                                                                                                         

Die Erstbesteigung einer „Tansanischen Zwerggiraffe“ durch einen „Tiroler Bergwurm“.
Ein Jahrhundertereignis mitten in der Alpenrepublik!
Allein im Giraffengehege kehrte keine Ruhe ein, denn „Seppi“ machte sich umgehend, vollgepumpt mit Adrenalin an den Abstieg. Er seilte sich flugs die Steilwand entlang ab und machte sich zu Fuß auf den Weg, über die braun gefleckte Ebene von „Sharis“ Rücken zum Po.                                                                                                                              

Dabei vergaß er vor lauter Aufregung die Steigeisen von seinen Schuhen zu lösen und bescherte der immer noch geschockten, allerdings mittlerweile ziemlich erbosten Giraffendame erneut, eigentlich angenehm kribbelnde Gefühle, die diese jedoch jetzt ganz anders wahrnahm…
„Seppi“ war gerade am Po von „Shari“ angelangt und wollte sich die letzten 2 Meter
abseilen.                                                                                                                                           

Im selben Augenblick fing „Shari“ vor lauter Wut an mit den Hinterbeinen auszuschlagen.                                                                                                                       

„Seppi“, der sich noch nicht mit einem Seil gesichert hatte, flog in hohen Bogen durch die Luft und konnte sich noch im letzten Moment an „Sharis“ Schwanz festhalten. Durch sein Tempo und den Schwung, die sich auf den Schwanz übertrugen, wurde er in ein dunkles Loch geschleudert, wo er das Bewusstsein verlor.                                                               

Nach einiger Zeit wachte er benommen auf, wusste aber weder wie lange er bewusstlos gewesen war, noch wo er sich befand.                                                                                                                

 

In der Ferne sah er diffuses Licht...
Er kroch mühsam und total erschöpft in Richtung Helligkeit. Als er am Rand der „Höhle“, oder was auch immer es war, ankam, stellte er fest, dass er sich noch auf, oder wenigstens an „Shari“ befand.
Der Abgrund zum rettenden Boden betrug immer noch, die für einen Bergwurm schwindelerregende und tödliche Höhe von mindestens 1,5 Meter.
Aber das Glück war wieder auf seiner Seite.
Das Seil welches er gestern auf „Sharis“ Rücken befestigt hatte, hing noch seitlich des Vorsprungs, auf dem er stand herunter.
Der Rest war einfach.
„Seppi“ seilte sich die letzten 1,5 Meter ab, hatte endlich wieder festen Boden unter seinen Füssen und wurde von applaudierenden Mitgliedern seines Clan in Empfang genommen.
„Shari“ wusste nicht genau was ihr Ausschlagen mit den Hinterläufen bewirkt hatte.
Als einziges war ihr aufgefallen, dass irgendetwas Weiches, Warmes in sie hineingerutscht war und sie gekitzelt hatte.
Sie war zu dem Zeitpunkt außer sich gewesen, als sie erfahren hatte wer Auslöser des ganzen Auflaufs gewesen war.
Auf der anderen Seite mochte sie aber auch die draufgängerische Art dieses Bergwurm Machos.                                                           Eigentlich konnte sie ihm nicht so richtig böse sein.
Im Gegenteil, sie fühlte sich sogar etwas geschmeichelt und wollte ihm auch zukünftig nicht mehr die kalte Schulter zeigen, sondern freundlich zu ihm sein.
12 Monate später erblickte „Kurti“ das Licht der Erde.
So, ich hoffe dass die Umstände, die letzten Endes zu „Kurtis“ Zeugung und Geburt geführt haben, etwas transparenter geworden sind.
Somit ist der Zeitpunkt gekommen an dem wir uns mit dem Hauptdarsteller der folgenden Abenteuers
„Kurti der Wattwurm"
befassen sollten.
Ich  möchte der Ordnung halber noch einmal darauf hinweisen, dass sich nach wie vor weltweit Heerscharen von Biologen erfolglos mit Kurtis Entstehungsgeschichte und die um sie rankenden Mythen beschäftigen.
Es haben bereits diverse Kongresse auf allen Kontinenten dieses Planeten zum Thema
„Kurti“ - Austria meets Africa" stattgefunden.
Sogar Verschwörungstheoretiker haben sich der unglaublichen Geschichte angenommen. Manche haben Theorien entwickelt nach denen Kurti von Außerindischen abstammen soll. Andere sehen neuzeitliche Druiden in Verbindung mit westafrikanischen Voodoo Priestern am Werk. Einige religiöse Sekten betrachten das Ganze als Teufelswerk und fordern sogar den Einsatz eines Exorzisten
Es ist der helle Wahn…
Weder „Shari“ noch „Seppi“ haben sich in ihren kühnsten Träumen ausmalen können welche Hysterie ihre kleine Liaison bzw. das daraus hervorgegangene Produkt auslösen würde.
„Kurti der Wattwurm“
Die Lebensgeschichte von Kurti beginnt in Tirol, genauer im Innsbrucker Zoo.


Wie wir mittlerweile wissen, ließ sich eine Tansanische Zwerggiraffen Dame auf eine kurze, aber folgenreiche Liaison mit einem Tiroler Bergwurm ein.
Das Ergebnis dieser außergewöhnlichen Beziehung - Kurti – verließ 12 Monate später - den Körper seiner Erzeugerin, indem sie ihn einfach rausschmiss und er etwas unsanft aus 1,5 Meter Höhe auf den Boden plumpste.
In wie weit diese harte Landung, bei der er auf dem Kopf gefallen ist, Einfluss auf seine spätere Entwicklung genommen hat ist unbekannt.
In Bergwurmkreisen hat sich allerdings der Spruch „Er ist auf den Kopf gefallen“ als Bezeichnung für einen besonders cleveren Artgenossen eingebürgert.
Kurti unterschied sich bereits von Geburt an durch seinen langen Hals und das giraffenartige Gesicht von den anderen Tiroler Bergwürmern, denen diese Besonderheiten natürlich nicht entgingen und die ihn entsprechend neugierig betrachteten und hänselten.
Tiroler Bergwürmer haben einen eher gedrungenen Körper und einen Hals der übergangslos in den Kopf übergeht, der wiederum mit einem grün-gelben, oder rot-weißen Hütchen geschmückt ist.
Nun gut, Kurti bekam auch ein Hütchen und betrachtete sich fortan als Tiroler Bergwurm.
Das Schicksal hatte allerdings ganz andere Pläne mit ihm…
Im Rahmen einer, von den Tierpflegern des Zoos durchgeführten Düngeaktion, wurde Kurti mit einem Haufen Erde und Humus sowie einigen anderen Würmern in das Pinguin Gehege umgesiedelt.
Dieser Aufenthalt war jedoch nur von kurzer Dauer, denn einige Pinguine hatte man an den Nordsee Zoo in Wilhelmshafen verkauft.                                                                                                 

Für die lange Reise an die Nordsee wurden die Transportboxen mit der weichen Erde ausgekleidet, die mittlerweile zu Kurtis Heimat geworden war.
Nach der Ankunft in Wilhelmshafen wurde der erdige Inhalt der Boxen achtlos auf einen großen Haufen geschüttet.
Kurti gefiel seine neue Heimat nicht sonderlich gut. Alles was er sah war fürchterlich flach, langweilig und von einer rauen, kalten und recht stürmischen Witterung begleitet.
Aber er war jung und neugierig.
Also machte sich „Kurti“ auf den Weg um eine neue, fremde Welt zu erobern.                        

Was ihm sofort auffiel war, dass diese neue Welt schrecklich laut und hektisch war und zudem noch unangenehme Gerüche produzierte und versprühte.
Die meisten Zweibeiner, sowie die sie begleitenden Vierbeiner rannten ziemlich plan- und ziellos umher wobei sie sich dauernd anschrien. An dieser Kakophonie beteiligten sich dann mit lautem Gekläff umgehend auch noch die Vierbeiner.
„Kurti“ suchte sich weniger hektische Wege abseits der großen Straßen und schlängelte sich gemütlich in Richtung…?
Ja wohin ging die Reise eigentlich?                                                                                                  

Er hatte keine Ahnung.
Da er keine Termine und somit viel Zeit hatte, war ihm das Ziel erstmal egal. Er musste weder Hunger noch Durst leiden. Tiroler Bergwürmer sind was ihre Nahrung angeht schon anspruchsvoll, finden aber trotzdem, unabhängig davon wo sie sich gerade aufhalten, immer etwas für sie sättigendes und verwertbares.
Nach einer Woche des Schlängelns entlang gepflegter Vorgärten, aus denen ihn wohlgenährte dunkelbraune, mit Kord Hütchen bekleidete Regenwürmer missmutig und kopfschüttelnd beäugten – einen Wurm mit gestreiften bunten Hut und langen Hals hatten sie noch nie gesehen -  änderte sich die Umgebung. Die Behausungen der Zweibeiner wurden weniger, die Wiesen dafür saftiger und die Luft immer würziger und salziger.                                                                                                                                           

Hin und wieder ließ sich sogar die Sonne blicken und die Welt sah auf einmal wesentlich freundlicher aus.                                                                                                                                  

Im vierten Monat seiner Reise erreichte er einen kleinen Deich. Von dem musterten ihn wollige weiße Tiere, die er noch nie gesehen hatte. Ihr dämlicher Gesichtsausdruck sowie die seltsame Sprache mit der sie sich unterhielten kamen „Kurti“ schon eigenartig vor.
Er ließ sich davon jedoch nicht irritieren und erklomm in zwei Tagen die restlichen 200 Meter des Deiches.                                                                                                                                         

Oben angekommen, blickte er völlig überrascht und überwältigt auf etwas was er bisher noch nie in seinem Leben in einer solchen Ausbreitung gesehen hatte.
Wasser!
Wohin er auch schaute – vorne, links, rechts – überall Wasser!
Es gab da allerdings noch etwas anderes, das auf ihn eine wesentlich größere Anziehungskraft ausübte.                                                                                                                  

Es war der unendlich breite Streifen gelben Sandes der behutsam ins Wasser überging.
Später erfuhr er, dass die Menschen diesen Streifen - wenn er sichtbar war - „das Watt“ nannten, das in 24 Stunden zweimal auftauchte und zweimal durch die See überspült wurde, was die „Gezeiten“ genannt wurde.
Während des Niedrigwassers  - also jetzt - sah er tausende von Wattwürmern die ihre teilweise mit blauen und schwarzen Mützen bekleidete Köpfe an die Erdoberfläche streckten, lebhaft miteinander plauderten und erstmal keinerlei Notiz von einem Wurm mit langen Hals und einem grün-gelben Hütchen nahmen.
Das dachte er. Doch so einfach hat es ein bunter Exote auch am Watt nicht.
„Kurti“ betrat unter den verschämten, neugierigen Blicken der Wattgemeinde, dass für ihn komplett neue Terrain und beobachtete, dass sich viele kleine Grüppchen bildeten, aus denen einige durch ihre komischen schwarzen und blauen Schirmmützen hervorstachen.                                                                                                                              

Dass es sich dabei um die Männer mit ihren, an der Küste durchaus üblichen Prinz Heinrich Mützen handelte wusste er zu diesem Zeitpunkt noch nicht, denn er kannte nur die grün-gelb oder rot-weiß gestreiften Filz Hütchen seiner Tiroler Heimat.                                                                           

Als von Haus aus geselliger Wurm hatte er Lust auf ein bisschen Small Talk. Somit passte es recht gut, das eine elegant aussehende Krebsdame, mit der für sie typischen seitlichen Fortbewegungsart eilig auf ihn zukam. Anscheinend hatte sie ihn nicht gesehen, denn sie erschrak fürchterlich als er sie mit Tiroler Dialekt ansprach.                        

Man sah förmlich die vielen bunten, Salsa tanzenden Fragezeichen über ihrem Kopf, denn sie verstand von der für sie völlig unbekannten Sprache nur einzelne irgendwie vertraut vorkommende Fragmente. Als sie auf Platt antwortete, tauchten dieselben bunten Fragezeichen plötzlich über „Kurtis“ Kopf auf.                                                   

Die zwei fingen an sich mit wild gestikulierenden kurzen Wurmärmchen und Krebsscheren zu unterhalten.                                                                                                    

Dieser groteske Anblick erheiterte wiederum die in kleinen Grüppchen versammelten Wattbewohner die jetzt neugierig näher kamen um dem angeregten Gespräch folgen zu können.
Einer der Anwesenden kam auf die Idee es mal mit hochdeutsch zu versuchen und siehe da, auf einmal klappte die Verständigung.    „Kurti“ war trotz des ganzen Rummels um ihn nicht entgangen, dass sich vom Wasser her ein ausgesprochen eigenartig aussehendes und immer wieder auf die blaue Nase fallendes Geschöpf näherte.
Die Bekleidung dieses mit zehn Armen und Beinen ausgestatteten und dadurch schon sehr gewöhnungsbedürftig aussehenden Individuums konnte man ohne Übertreibung als ausgesprochen extravagant bezeichnen.
Den blauen mit riesigen Augen ausgestatteten Kopf zierte ein fesch auf der Seite sitzender roter Zylinder. Um die Taille hatte es wie ein Tütü eine violette Gardine geschlungen. Zu guter Letzt bemerkte „Kurti“, dass 5 der 10 Gliedmaßen in schwarze Netzstrümpfe gehüllt waren.
Dieses Wesen das von „Kurti“ mit wachsender Faszination beobachtet wurde, kam jetzt  - obwohl es durch die sich verheddernden Beine auch weiterhin immer wieder kurz auf die Nase fiel - schnellen Schrittes auf ihn zu und stellte sich als „Willy die Krake“ vor.                               

Beide grinsten sich erstaunlich vertraut an und wussten dass sie noch sehr viel Spaß miteinander haben würden.
„Kurti“ war nach wie vor fasziniert von so viel munterem und tolerantem Leben. 
Also beschloss er, dass dieser Streifen Erde fortan sein Kiez, seine Heimat werden sollte.

Er betrachtete sich von diesem Moment an als „Kurti der Wattwurm“!

Mit der Präsentation von „Kurti“ sind wir in der Vorstellungsrunde einen entscheidenden Schritt weitergekommen.

Ich weiß aus unzähligen Seminaren, das Vorstellungsrunden mitunter etwas langatmig, andererseits aber auch ganz hilfreich bei der ersten Auslese zueinander passender Charaktere sein kann. Also zwischen wem die Chemie stimmt.
In den noch folgenden Abenteuern kann das vielleicht noch mal ganz nützlich werden.
Womit wir bei der Vorstellung von „Willy die Krake“ angekommen sind.
„Willy die Krake“
Nachdem wir uns in den vorherigen Kapiteln mühselig in die nicht ganz unkomplizierten familiären Verhältnisse von „Kurti der Wattwurm“ eingearbeitet haben, kommen wir zu einem weiteren Sonderling.
„Willy die Krake“ hat zwar biologisch gesehen Eltern, die allerdings wie bei Kraken üblich, keine Eltern – Kind Beziehung, wie wir es von Vögeln und Säugetieren kennen, aufbauen, sondern ihren zahlreichen Nachwuchs nach der Geburt sich selber überlassen.
Eine genetische Mutation hat „Willy“ entgegen der üblichen 8, mit 10 überaus beweglichen und mit Saugnäpfen versehenen Armen ausgestattet.
Die Bezeichnung „Krake“ entspringt angeblich dem dänisch-norwegischen Sprachraum und heißt so viel wie „entwurzelter Baum“, was auf die vielen wie Wurzeln abstehenden Arme zurückzuführen ist.                                                                                                                            

Bei „Willy“ trifft dieses, wie wir inzwischen wissen in besonderer vielfältiger Weise zu.
Das bloß mal so am Rande und zur Erfüllung meines Lehrauftrags.
Wer nun meint, dass ihm die vielen Arm/Beine Vorteile gegenüber seinen Artgenossen verschaffen, täuscht sich!
Vielmehr kommt es mitunter zu Koordinationsproblemen und daraus resultierend zu Verknotungen der Gliedmaßen.                                                                                               

Gelegentlich stellen sich die zahlreichen Gliedmaßen - sozusagen - selber ein Bein, was dann mitunter zu heftigen Bauchlandungen führt.
In diesen Momenten sieht „Willy“ nicht sehr intelligent aus, sondern eher etwas tölpelhaft, was sein Schicksal nicht unbedingt leichter macht.
„Willy“ ist – wie bereits geschildert - als Einzelgänger aufgewachsen. Als Kind ist er wohl in ein Fischernetz geraten, aus dem er sich allerdings befreien konnte, indem er auf Grund seiner geringen Größe einfach durch die Maschen des Netzes hindurchgeschwommen ist.                                                                                   

Dieses Erlebnis hat anscheinend zu einem bis heute anhaltenden Trauma geführt, denn „Willy“ hat seither eine nicht erklärbare Vorliebe für schwarze Netzstrümpfe, die er immer über 5 seiner 10 Arme zieht.                                                                                             

Die Bezugsquelle der extravaganten Beinbekleidung hält er übrigens geheim.
Als ob das nicht schon genug wäre, verziert er sich außerdem noch mit einem aus einer angeschwemmten Gardine entstandenen violetten Tütü, das er sich um die Taille bindet. Vervollständigt wird sein eigenwilliges Outfit durch einen roten Zylinder, den er verwegen, leicht schräg auf seinem runden, blauen Kopf platziert.
Die ersten zwei Attribute treffen auf „Willy“ in keiner Weise zu.                                               

Mit der dritten Eigenschaft ist er weit über das Normalmaß hinaus ausgestattet.                                                     

Alles was in irgendeiner Form schillert, leuchtet, blinkt oder bunt ist, übt eine magische Anziehungskraft auf ihn aus und muss umgehend einer gründlichen näheren Betrachtung unterzogen werden.
Auf Grund seiner zwar exzentrischen, jedoch äußerst sympathischen Erscheinung und Umgangsformen, sowie der ausgeprägten Kommunikationsfreudigkeit - manche Neider sagen auch Geschwätzigkeit – stört sich letzten Endes auch niemand an seiner Neugierde.
Er ist an Land bei den erwartungsvoll aus dem Watt schauenden Mädels der Wattwurmgemeinde ebenso gern gesehen, wie bei den etwas hektisch und quer über den Strand flanierenden Krebsdamen.                                                                                                      

Im Wasser führt er gerne ein Pläuschchen mit den weiblichen Robben und Sandgrundeldamen.                                                                                                                          

Bei den Herren der Schöpfung hält sich die Begeisterung für ihn in Grenzen.                                 

Er ist für sie eroberungstechnisch kein Rivale, also lassen sie ihn großzügig gewähren.             

Die große, vielfältige Wattgemeinde ist anderen Kreaturen gegenüber generell sehr tolerant und aufgeschlossen.
Leben und leben lassen lautet das Motto.
Eines schönen Tages, die Sonne schien bereits kräftig vom Himmel auf die wuselige Wattpopulation herab, betrat bei Ebbe eine bis dahin völlig unbekannte Gestalt das Watt.
Wie soll man sie beschreiben?
Von der Statur her könnte man sagen, dass eine gewisse Ähnlichkeit zu einem kurzen Wurm besteht.                                                                                                                           

Dagegen sprechen allerdings der einer Giraffe ähnliche, extrem lange Hals und die  gelblich/orange Hautfarbe.
Was die Gemeinde jedoch völlig aus der Fassung brachte war der Umstand dass dieses mit sehr großen, wachen aber fröhlichen Augen ausgestattete Wesen auf seinem Kopf ein grün/gelb gestreiftes Hütchen trug, an dem zu allem Überfluss auch noch ein buntes Blümchen befestigt war.
Das übertraf alles bisher auf dem Watt gesehene um Längen.
Gut man hatte mit „Willy“ bereits einen Exoten in der Gemeinde.                                               

Man hatte sich an ihn gewöhnt, daher fiel er auch nicht mehr groß auf und gehörte so zu sagen zum Inventar.                                                                                                                   

„Willy“ war sich seiner nachlassenden Ausstrahlung durchaus bewusst und hatte bereits Überlegungen angestellt, was seine optische Wahrnehmung etwas aufpeppen könnte.     Er hatte auch schon eine grandiose Idee, wusste allerdings nicht woher er einen grünen, mit einem kleinen Blaulicht ausgestatteten Zylinder bekommen könnte.                                                                                   

Dieses waghalsige Projekt befand sich - wie gesagt - noch in der Planungsphase.
Es war die geschmeidige, selbstbewusste, Ehrfurcht einflößende Art mit der sich dieses wurmähnliche Wesen über die braune Erde des Watts schlängelte und alle neugierig aufschauen ließ.
Die Wattwurmdamen waren bisher bei ihren Männern als Kopfbedeckung höchstens eine dezente schwarze oder dunkelblaue Prinz Heinrich Mütze gewohnt.
„Willy“ war die ungewohnte, leichte Unruhe und Aufregung an Land nicht entgangen. Eines der Robbenmädchen hatte ihm von dem durchaus attraktiven Fremdling berichtet.
„Willy“ wäre nicht „Willy“ gewesen, wenn er nicht auf der Stelle alles liegengelassen hätte - was nicht schwer war, denn er hatte sich gerade angeregt mit einer Scholle über Fischrezepte unterhalten – und mit einem Notaufstieg, d.h. rasend schnell an der Wasseroberfläche aufgetaucht wäre, um ja nichts von dem Spektakel zu verpassen das sich mittlerweile auf dem Watt abspielte.
Fast wäre dieses Manöver gewaltig schief gegangen, denn bedingt durch seine Ungeduld und Hast war es wieder einmal zu einem Koordinationsproblem gekommen und er hätte sich fast selber stranguliert.                                                                                                                           

Da ihm der Arm der ihn erwürgen wollte bekannt vorkam, konnte er noch in letzter Sekunde eingreifen und so das schlimmste verhindern.
Inzwischen standen in sicherem Abstand grüppchenweise Wattwurmdamen und ihre Prinz Heinrich Mützen tragenden Männer herum, flüsterten und musterten neugierig den Fremdling.                                                                                                                           

Dieser ließ sich davon nicht im Geringsten beindrucken, sondern unterhielt sich bereits angeregt mit einer zufällig schräg laufend dahergekommenen Krebsdame, die inzwischen vor lauter Aufregung rot angelaufen war.
Die Grüppchen rückten näher und nach kurzer Zeit hatte sich ein geschlossener Ring, bestehend aus unterschiedlichsten Wattbewohnern um den exotischen Neuankömmling gebildet. Alle redeten wild durcheinander, lachten und waren bester Stimmung.
Total fasziniert beobachtete „Willy“ den in seinen Augen  - wegen des lustigen Hütchens – Seelenverwandten.
Da Kraken äußerst intelligent und lernfähig sind, spürte er intuitiv, dass er am Beginn einer neuen Zeitrechnung stand.                                                                                                     

Das ihn mit diesem schillernden Wesen in Zukunft weit mehr als eine farbige Kopfbedeckung verbinden würde.
Er sauste - dabei mehrere Male auf die Nase fallend – auf den Neuankömmling zu und verschaffte sich mit tatkräftiger Unterstützung seiner zahlreichen Arme - die ihm im Weg rumstehende Wattwürmer unter deren lauten Protest beiseite stießen - einen Durchgang.
Dann stand er ziemlich aus der Puste vor dem hochaufgeschossenen, ihn frech angrinsenden Wurm mit dem grün-gelben Hütchen auf dem Kopf.  Er grinste zurück, stellte sich vor und streckte seinem verdattert dreinschauendes Gegenüber fröhlich drei Arme gleichzeitig entgegen. Nachdem er seinen Fauxpas bemerkt hatte, kratzte er sich mit den zwei überflüssigen Armen verlegen am Kopf, was für große Erheiterung unter den herumstehenden sorgte.                                                                                                    

Das war halt ihr „Willy“ wie sie ihn kannten und liebten.

„Paulinchen“

Zum Schluss kommen wir jetzt zum zweiten weiblichen Wesen dieser Vorstellungsrunde.
„Paulinchen“ heißt es und ist ein junges Zwergwalmädchen.
Von ihrer Geschichte ist nur sehr wenig bekannt.                                                                                                  

Das einzig belegbare ist, dass sie im Verbund mit ihren Eltern und einem Bruder in der Nordsee unterwegs war.                                                                                                                

 Die Familie befand sich wohl auf einem kleinen Sonntagsausflug nach Dänemark, als das Navigationsgerät ihres Vaters streikte.                                                                                           

Da bereits das Gerät der Mutter durch Störungen ausgefallen war verloren sie die Orientierung.                                                                                                                

Erschwerend kam hinzu, dass Ebbe eingesetzt hatte. „Paulinchen“ die entgegen der strikten Anordnung ihrer Eltern aus purer Neugier mit flottem Tempo sehr nah am Ufer schwamm, lief auf einmal schlagartig auf Grund und verlor dadurch den Kontakt zu ihrer weiterschwimmenden Familie.                                            

Als die das Malheur bemerkten war es zu spät.                                                                                                                

Sie mussten auf Grund ihrer Größe und ihres Gewichts auf offener See bleiben.
Für „Paulinchen“ ging nichts mehr.                                                                                                     

Auf Grund ihres zügigen Tempos und ihres schon beachtlichen Gewichts von ca. 800 kg. lag sie wie einbetoniert auf dem durch die rückläufige Flut immer mehr sichtbar werdenden Watt.                                                                                                                  Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so hilflos und einsam gefühlt. Sie konnte wegen ihres Gewichts nicht zu lange an Land liegen bleiben sonst würde sie ihr eigenes Gewicht erdrücken. Ihre Lage war alles andere als rosig.
Hinzu kam, dass Ihr Blickwinkel durch ihre Unbeweglichkeit stark eingeschränkt war und sie nur nach vorne strandabwärts gucken konnte. Daher entging ihr, dass sie bereits vor ein paar Minuten von einem zehnarmigen blauen Wesen das auf dem Kopf einen roten Zylinder trug entdeckt worden war. Ihr habt sicherlich bemerkt, dass „Willy“ gemeint ist, der dank seiner Neugier das dunkle Ungetüm auf den Strand
entdeckt hatte und sich nun umgehend ein Bild von seiner neuen Entdeckung machen musste. Wie wir es von „Willy“ kennen, kamen ihm beim schnellen Laufen diverse Male seine Arme ins Gehege und er überschlug sich und landete diverse Male auf der Nase bis er sein Ziel erreicht hatte.